Strategien zur Erhöhung der Stickstoffeffizienz im Pflanzenbau
Online-Tagung
Präsentation der Ergebnisse aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt StaPlaRes*
Vor dem Hintergrund der Umwelt- und Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland ist die Landwirtschaft gefordert, innovative und praxistaugliche Lösungen für eine umweltschonende Düngung zu entwickeln.
Die Fachtagung präsentiert neue Forschungsergebnisse des transdisziplinären F&E-Projektes StaPlaRes*, in dem neuartige Technologien zur ressourceneffizienten Harnstoffdüngung intensiv getestet wurden.
Zum Einsatz kamen eine neuartige Kombination aus Urease- und Nitrifikationsinhibitor sowie ein innovatives Verfahren der wurzelnahen Harnstoff-Platzierung. Die Verfahren wurden in umfangreichen Feldexperimenten an mehreren Standorten untersucht. In Fruchtfolgen mit Raps, Weizen und Gerste wurden die Wirkungen auf Ertragsparameter, Stickstoffeffizienz sowie auf Ammoniak- und Lachgasverluste analysiert. Auf Grundlage der experimentellen Daten wurden Ökobilanzen berechnet, um Umweltwirkungen der neuen Verfahren zu bewerten.
Auf der Online-Tagung werden die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsverbundvorhabens in Form von Vorträgen und Postern präsentiert.
* Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt StaPlaRes „N-Stabilisierung und wurzelnahe Platzierung als innovative Technologien zur Optimierung der Ressourceneffizienz bei der Harnstoffdüngung“ wurde im Schwerpunkt „Ressourceneffiziente und umweltschonende Düngung“ im Programm zur Innovationsförderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.
Vorwort
von Dr. Thomas Kreuter, SKW (Gesamtprojektleitung „StaPlaRes“, stellvertretend für das gesamte StaPlaRes-Konsortium)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Harnstoff ist der weltweit meistgenutzte stickstoffhaltige Mineraldünger. Auch in Deutschland hatten die Vorteile dieser N-Form, darunter hoher Stickstoffgehalt, große Anwendungssicherheit und hohe pflanzenbauliche Effizienz, den Harnstoffeinsatz seit der Jahrtausendwende stark ansteigen lassen, bevor die agrar- und umweltpolitischen Diskussionen und Restriktionen der letzten Jahre dieser Entwicklung ein abruptes Ende setzten.
Der Harnstoffeinsatz wird gemeinhin mit hohen Ammoniakverlusten in Verbindung gebracht, da sein Umsatz zu Ammonium mit einem pH-Anstieg einhergeht und damit eine Voraussetzung für potenziell hohe Verluste dieser Art schafft.
Andererseits erlaubt Harnstoff mehr als andere Stickstoffformen die Entwicklung innovativer Produkt- und Anwendungsmodifikationen, mit denen die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit seiner Anwendung gesteigert werden kann. So eröffnet sich gerade mit der N-Form Harnstoff die Chance, den wachsenden Ansprüchen von Kunden, Politik und Gesellschaft auch zukünftig gerecht zu werden.
Vor diesem Hintergrund stellte das F&E-Vorhaben StaPlaRes mit der N-Stabilisierung (kombinierter Einsatz von Urease- und Nitrifikationsinhibitoren) und der wurzelnahen Platzierung (Einarbeitung in wachsende Bestände, kombiniert mit einer mechanischen Bestandspflege) zwei häufig empfohlene Maßnahmen zur NH3-Minderung bei der Harnstoffdüngung in den Fokus seiner wissenschaftlichen Betrachtungen.
Dabei gelang den Verbundpartnern das schwierige Unterfangen, praxisnahe Freilandversuche sowohl mit der Prüfung der beiden Anwendungstechnologien als auch mit den anspruchsvollen Ammoniak- und parallelen Lachgasmessungen in einer bis dahin wissenschaftlich noch nicht erreichten Komplexität und Qualität zu verknüpfen. Die Untersuchungen liefen auf drei Standorten, in drei Kulturen und kontinuierlich über eine gesamte Fruchtfolge hinweg. Weitere Freilandexperimente auf Versuchsfeldern und Lysimetern, dazu Labor- und Gewächshausversuche komplettierten das Versuchsprogramm und generierten einen erheblichen Wissenszuwachs im Hinblick auf das Prozessverständnis in puncto N-Umsatz, N-Verlustgeschehen und N-Verfügbarkeit im Wurzelraum.
Im Ergebnis konnten wegweisende Erkenntnisse nicht nur auf den Gebieten der Agrar- und Geowissenschaften, sondern auch für die landwirtschaftliche Beratung und Anwendung gewonnen werden.
Das Projekt liefert Bausteine für die Gestaltung nachhaltiger Düngungs- und Pflanzenbausysteme. Es trägt damit dem erklärten Hauptziel der Innovationsförderung des BMEL Rechnung. Das StaPlaRes-Konsortium ist daher zuversichtlich, dass wesentliche Ergebnisse seiner gemeinsamen Forschungsarbeit im Rahmen zukünftiger agrar- und umweltpolitischer Weichenstellungen berücksichtigt werden.
Innovatives Verfahren der wurzelnahen Harnstoff-Platzierung mit einem Düngerstreuer der Firma Rauch Landmaschinenfabrik GmbH. (Quelle: Eigene Aufnahme TUM)
Lachgasmessung auf dem StaPlaRes-Feldversuch, Standort Roggenstein. (Quelle: Eigene Aufnahme TUM)
Der fachliche Abschlussbericht zum Forschungs- und Entwicklungsprojekt StaPlaRes steht hier zum Download bereit. Es handelt sich um eine vorläufige Version, die vom Projektträger BMEL noch nicht geprüft wurde. Bitte zitieren sie den Bericht wie folgt:
Kreuter T, Bischoff J, Rauch N, Eißner F, Rücknagel J, Kühling I, Schäfer F, Tauchnitz N, Simon A, Maidl FX, Hülsbergen KJ, Augustin J, Pamperin H, Stichnothe H, Mallast J, Thiel E, Grunert M, Böttcher F, Christen, O (2020). Das F&E-Vorhaben "StaPlaRes" – ein Verbundprojekt im Rahmen der Innovationsförderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Fachlicher Abschlussbericht der Verbundpartner – vorläufige Version, Stand 14. Dezember 2020, Cunnersdorf, SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH.
Hier finden Sie die Abstracts der Tagungsbeiträge (frei zugänglich)
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Fazit und Praxisempfehlungen
von Dr. Thomas Kreuter, SKW (Gesamtprojektleitung „StaPlaRes“, stellvertretend für das gesamte StaPlaRes-Konsortium)
Verlustminderung
Eine deutliche Minderung von NH3-Emissionen im Zuge der Harnstoffdüngung und damit eines der Hauptziele im Projekt StaPlaRes wird sowohl durch den Einsatz eines Ureaseinhibitors (hier in Kombination mit einem Nitrifikationsinhibitor) als auch durch eine wurzelnahe Platzierung des Düngers erreicht.
Bei der Platzierung ging die NH3-Minderung in vielen Fällen mit einer Erhöhung der N2O-Emissionen einher. Dagegen vermochte die Stabilisierung (mit Urease- und Nitrifikationsinhibitor) auch alle anderen Stickstoffverluste (N2O, N2, NO3-) substanziell zu reduzieren. Damit gewährleistet der kombinierte Einsatz von Urease- und Nitrifikationsinhibitor eine für den nachhaltigen Ressourcenschutz essentielle Verlustminderung ohne Pollution Swapping.
Die verlustmindernden Potenziale der geprüften Technologien können allerdings nur dann signifikante Verlustminderungen und deutliche Vorteilseffekte generieren, wenn in ihrem Wirkzeitraum nennenswerte Verluste auftreten. Dies war im Projekt StaPlaRes oft nicht der Fall. Bereits die Stickstoffverluste aus der Standard-Harnstoffdüngung blieben im Rahmen der geprüften Standort- und Anwendungsbedingungen insgesamt gering.
Das gilt auch für die Ammoniakverluste, die auf keinem der geprüften Standort mehr als 5 % des applizierten Harnstoff-N erreichten und nicht selten im Bereich der Nachweisgrenze lagen. Die Lachgasverluste in der betrachteten Fruchtfolge (Wintergerste- Winterraps- Winterweizen) blieben deutlich unter 0,5 % des Dünger-N. Für beide Gase lag die Verlustrate weit unter den agrar- und umweltpolitisch verbindlich anzusetzenden Werten.
Im Hinblick auf die NH3-Verluste spielt das zeitliche Düngeregime eine entscheidende Rolle. Eine Betonung früher Applikationstermine, wie sie für stabilisierte Strategien typisch ist, senkt das NH3-Verlustpoenzial bereits erheblich, da geringe Temperaturen und ein noch reichliches Wasserangebot dem Verlustgeschehen entgegenwirken.
Bei Verlusten in Form von N2O, N2 oder NO3- spielt dagegen das Nacherntemanagement oft eine größere Rolle als die Anwendungsspezifik in der Vegetationszeit. In Anbetracht der naturgegeben großen N-Pools in unseren Böden lassen sich z.B. winterliche N2O-Verlustströme i.d.R. weder auf Düngungsentscheidungen im Frühjahr, noch auf Unterschiede im Ernteergebnis zurückführen.
Effizienz der Stickstoffdüngung
(A) Platzierung
Die Einarbeitung von Harnstoff konnte am Standort Roggenstein einen deutlichen Effizienzzuwachs erzielen, der in erster Linie auf die Bodenlockerung und wurzelnahe Platzierung des Düngers zurückzuführen ist.
Auf den anderen Standorten blieben positive Effekte der Platzierung auf die Stickstoffeffizienz i.d.R. aus. Die NH3-Verlustminderung spielte in Anbetracht eines insgesamt sehr geringen Emissionsniveaus keine Rolle. Weitere Vorteilspotenziale des Verfahrens konnten – anders als in Roggenstein – unter den Einsatzbedingungen in Cunnersdorf und Bernburg nicht erschlossen werden.
Im Rahmen spezieller Einsatzstrategien und auf geeigneten Standorten ist das Potenzial einer wurzelnahen Platzierung im Side-Dressing-Verfahren dennoch beachtlich.
(B) Stabilisierung
Auf sehr unterschiedlichen Standorten konnten positive Effekte auf die Stickstoffeffizienz erzielt werden, insbesondere im Winterweizen und Winterraps.
Allerdings waren die Vorteilswirkungen der Stabilisierung nicht in jedem Fall konsistent und auch noch nicht so überzeugend, wie es das Verlustminderungspotenzial und die weiteren Vorteilseffekte eines solchen Spezialdüngers erwarten lassen.
Das gesamte Leistungsvermögen stabilisierter Systeme lässt sich nur im Rahmen entsprechender Düngungsstrategien unter Berücksichtigung wesentlicher Standortcharakteristika ausschöpfen. Diesbezüglich stieß das Projekt StaPlaRes an seine Grenzen. Es zeigte jedoch Wege auf, über die sich entsprechend optimierte Strategien finden und etablieren lassen.
Insgesamt erwies sich die N-Stabilisierung im Vergleich aller im Projekt StaPlaRes geprüften Varianten der Harnstoffdüngung als das Verfahren mit der höchsten Ökoeffizienz.
Anwendungspraxis
Die beiden geprüften Innovationen mit ihren spezifischen Anwendungsanforderungen bedürfen spezieller Anwendungsstrategien, die auf die Stärken der jeweiligen Technologie abgestimmt sind.
Für die stabilisierte Düngung existieren bereits erfolgreiche Anwendungsstrategien. Diese gilt es sukzessive auszubauen und zu verfeinern. Mit Baukastensystemen aus stabilisierten und traditionellen Düngungselementen und gezielt standortangepassten Strategien sollen die zahlreichen Vorteile der N-Stabilisierung besser als bislang in substanzielle Effizienz- und Ertragssteigerungen umgesetzt werden.
In diesem Sinne erfolgt seit 2020 eine systematische Schulung und Erweiterung des fachlichen Außendienstes der SKW Stickstoffwerke Piesteritz. Parallel dazu wurde im Herbst 2020 bei der Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar ein Forschungsvorhaben zur standortangepassten Düngung auf Basis edaphischer und agrarmeteorologischer Kenngrößen eingereicht.
Eine große Chance für das geprüfte Verfahren der wurzelnahen Platzierung sind Einsätze im ökologischen Landbaus mit seinem erhöhten mechanischen Pflege- und Regulationsbedarf. In diesem Kontext erfolgen unter Leitung der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt seit Frühjahr 2020 diverse Praxiseinsätze der RAUCH-Platzierungstechnik.
Die Integration der Erkenntnisse aus dem Projekt StaPlaRes in etablierte Empfehlungs- und Beratungstool (z.B. BESyD) ermöglicht eine qualifizierte Düngungsberatung und damit die zeitnahe Übertragung positiver Effekte der geprüften Verfahren in die landwirtschaftliche Praxis.
Bei einer betriebswirtschaftlichen Bewertung eventueller Mehrkosten in Zusammenhang mit der Einführung von N-Stabilisierung bzw. Platzierung in die betrieblichen Düngungsroutinen sollte angesichts zunehmender Ertrags- und Verlustrisiken (Klimawandel, Witterungsextreme) auch der Versicherungseffekt berücksichtigt werden, den das gewählte Verfahren u. U. langfristig gewährleisten kann.
Wissenschaftliche Verwertung
Zahlreiche Publikationen haben die Erkenntnisse aus dem Projekt StaPlaRes einem breiten Fachpublikum nahegebracht. Darunter finden sich auch Beiträge in international referierten Zeitschriften. Jedoch lag der Schwerpunkt themenbedingt auf der deutschsprachigen angewandten Fachliteratur.
Mit der Veröffentlichung der Datenbank StaPlaRes-DB-Thuenen auf OpenAgrar (www.openagrar.de) werden ab Januar 2022 die kompletten im Projekt gewonnenen Datensätze für weiterführende wissenschaftliche Arbeiten und Analysen zur Verfügung stehen.
Danksagung
Unser Dank gilt dem BMEL und der Bundesregierung für die finanzielle Förderung und fachliche Wertschätzung des Projektes.
Insbesondere möchten wir dem Projektträger, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und in besonderer Weise unseren BLE-Ansprechpartnern, den Herren Dr. Paul Martin Küpper und Felix von Glisczynski, ein herzliches Dankeschön sagen. Ihre hervorragende fachliche und administrative Begleitung hat ganz wesentlich zum Gelingen des Gesamtvorhabens beigetragen.